In meinen vielen Jahren als Lehrerin habe ich unzählige Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg durch die Pubertät begleitet: mit all ihren Sorgen, Zweifeln und Erfolgen. Was mir dabei immer wieder aufgefallen ist: Der größte Stolperstein ist selten das Fach selbst. Es ist der eigene Glaube an sich. In meinem Blogbeitrag erkläre ich dir, wie Selbstwirksamkeit und Vertrauen Lernerfolge fördern und mit welchen einfachen Tipps du das Selbstvertrauen deines Teenagers zu Hause im Alltag stärken kannst.

Über die Autorin:
Katarina Gruler kennt die Herausforderungen mit Teenagern aus erster Hand – als langjährige Klassenlehrerin ebenso wie als Eltern-Coach. Mehr als zehn Jahre begleitete sie Jugendliche an einer Werkrealschule in Baden-Württemberg durch die wohl turbulenteste Zeit ihres Lebens: die Pubertät. Heute hilft sie als Eltern-Teen-Coach Müttern und Vätern dabei, wieder Zugang zu ihren Jugendlichen zu finden – mit einem klaren Blick für das, was Teenager wirklich brauchen und konkreten Wegen, wie Eltern sie dabei stärken können. Auf ihrem Instagram-Kanal @eltern_mit_teenager und ihrer Website eltern-mit-teenager.de teilt sie Impulse, die Eltern entlasten und Familien stärken.
Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten – Der Schlüssel zum Erfolg
Immer mehr Jugendliche geraten heute unter enormen Druck. Nicht nur durch Noten, sondern durch eine Welt, in der ständige Vergleichbarkeit zum Alltag gehört. Überall messen sie sich: an schulischen Leistungen, am Aussehen, an Freundschaften, an Follower-Zahlen. Diese Vergleiche nagen leise, aber stetig am Selbstwert.
Viele Teenager ziehen daraus den Schluss: „Ich bin nicht genug.“ Solche Gedanken entstehen nicht über Nacht. Sie wachsen schleichend, genährt durch kleine Enttäuschungen, durch den hohen Anspruch an sich selbst, durch den Druck, in einer Leistungsgesellschaft zu bestehen. Und sie werden verstärkt durch soziale Medien, in denen scheinbar alle anderen schöner, erfolgreicher und glücklicher sind.
Im Unterricht erlebe ich das immer wieder hautnah: Jugendliche, die schon vor der ersten Aufgabe aufgeben, weil sie überzeugt sind, es ohnehin nicht zu schaffen. Schülerinnen und Schüler, die in Tests vor lauter Angst blockieren, obwohl sie bestens vorbereitet sind. Und andere, die ihre Erfolge kleinreden, weil jemand anderes „noch besser“ abgeschnitten hat.
Doch im Kern geht es nie um die Mathearbeit oder die Englischnote. Es geht um etwas viel Tieferes: um das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern.
Selbstvertrauen im Unterricht fördern
Als mir das klar wurde, begriff ich: Ich kann fachlich noch so viel erklären! Solange ein Teenager nicht an sich glaubt, wird er kaum gerne lernen oder Neues ausprobieren. Ich wollte das nicht einfach hinnehmen. Also begann ich, mit meinen Schülerinnen und Schülern nicht nur am Stoff, sondern auch an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten. Ich fing erstmal ganz einfach an. Ich ließ sie erzählen: über ihre Ängste, den ständigen Vergleich mit anderen, über das Gefühl, nicht genug zu sein. Je mehr ich zuhörte, desto deutlicher wurde mir, wie wenig sie eigentlich über sich selbst wussten: über ihre Stärken, über das, was sie schon alles geschafft hatten und wie sehr sie sich verglichen.
Ich fing an, kleine Impulse und Übungen in meinen Unterricht einzubauen. Zuerst ging es nur darum, hinzuschauen: Wann war ich mutig? Wann habe ich etwas geschafft, obwohl ich Angst hatte? Wann bin ich drangeblieben, obwohl es schwer war? Diese Gespräche veränderten etwas. Die Jugendlichen begannen, sich selbst anders zu sehen: mit mehr Mitgefühl, mit mehr Stolz.
Mit der Zeit merkte ich, dass Gespräche allein nicht reichten. Ich wollte, dass sie ERLEBEN, dass sie selbst etwas verändern können. Also begann ich, die Gespräche über Selbstzweifel und Vergleiche mit kleinen Reflexionsfragen zu verbinden, etwa: „Was würdest du deinem besten Freund sagen, wenn er über sich so denkt wie du über dich?“ Daraus entstanden nach und nach Mut-Aufgaben für den Alltag. Die Jugendlichen sollten spüren, dass Selbstbewusstsein nicht nur im Kopf entsteht, sondern in Momenten, in denen man sich traut, Neues zu wagen.
Die wöchentlichen Übungen und Reflexionsfragen veränderten etwas in der Klassendynamik. Die Jugendlichen gingen offener miteinander um, wurden mutiger, authentischer und begannen, an ihre eigene Wirksamkeit zu glauben. Aus all diesen Erfahrungen entstand schließlich ein festes, wöchentliches Konzept: Ein Selbstbewusstseinstraining für Teenager, das ich über Jahre hinweg mit meinen Abschlussklassen durchgeführt habe.
Ich habe in dieser Zeit etwas ganz Entscheidendes gelernt: Selbstbewusstsein entsteht durch erlebte Selbstwirksamkeit. Es reicht nicht, Jugendlichen zu sagen, dass sie „gut sind“. Sie müssen spüren, dass sie etwas können: aus eigener Kraft. Denn wer an sich glaubt, traut sich mehr zu, hält Rückschläge besser aus und wächst über sich hinaus. Darum wollte ich, dass meine Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Schulzeit nicht nur den Stoff beherrschen, sondern vor allem sich selbst kennen.
„Selbstbewusstsein entsteht durch erlebte Selbstwirksamkeit.”
Die wöchentlichen Übungen und Reflexionsfragen veränderten etwas in der Klassendynamik. Die Jugendlichen gingen offener miteinander um, wurden mutiger, authentischer und begannen, an ihre eigene Wirksamkeit zu glauben. Aus all diesen Erfahrungen entstand schließlich ein festes, wöchentliches Konzept: Ein Selbstbewusstseinstraining für Teenager, das ich über Jahre hinweg mit meinen Abschlussklassen durchgeführt habe.
Ich habe in dieser Zeit etwas ganz Entscheidendes gelernt: Selbstbewusstsein entsteht durch erlebte Selbstwirksamkeit. Es reicht nicht, Jugendlichen zu sagen, dass sie „gut sind“. Sie müssen spüren, dass sie etwas können: aus eigener Kraft. Denn wer an sich glaubt, traut sich mehr zu, hält Rückschläge besser aus und wächst über sich hinaus. Darum wollte ich, dass meine Schülerinnen und Schüler am Ende ihrer Schulzeit nicht nur den Stoff beherrschen, sondern vor allem sich selbst kennen.
Eltern als stärkste Quelle für Selbstwirksamkeit
Je mehr ich mich mit diesem Thema beschäftigte, desto deutlicher wurde mir: Die stärkste Lernumgebung für Selbstwirksamkeit ist nicht das Klassenzimmer, es ist das Zuhause. Denn Eltern prägen, wie Jugendliche über sich selbst denken.
Oft sehen Eltern nur die schlechte Note. Oder dass ihr Teenager sich zurückzieht, aufgibt, scheinbar „keinen Bock“ hat. Was sie dabei übersehen: Hinter diesem Verhalten steckt selten Faulheit, meistens Unsicherheit. Der Glaube, es ohnehin nicht zu schaffen. Und genau dieser Gedanke ist es, der so viele Jugendliche davon abhält, ihr Potenzial zu entfalten.
Ich habe die Eltern schließlich mit ins Boot geholt und ihnen gezeigt, dass es nicht das große Lob ist, das zählt, sondern vielmehr die Alltagssituationen, in denen sie ihren Kindern zu Selbstwirksamkeit verhelfen können und dadurch Selbstbewusstsein stärken. Hier sind Wege, wie Eltern diese Erfahrung im Alltag fördern können:
Verantwortung abgeben – wirklich abgeben
Teenager können Verantwortung tragen, wenn man sie ihnen zutraut. Lass dein Kind Entscheidungen treffen, auch wenn sie nicht perfekt sind. Zum Beispiel: „Wie planst du deine Lernzeit?“ oder „Was brauchst du, um das gut hinzubekommen?“ Wenn Eltern loslassen, entsteht Raum für Selbstvertrauen. Denn Selbstwirksamkeit wächst nur da, wo Jugendliche selbst handeln dürfen.
Scheitern normalisieren
Wenn Eltern gelassen auf Misserfolge reagieren, senden sie eine starke Botschaft: Fehler sind kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Teil des Lernens. Das bedeutet: nicht sofort trösten, nicht direkt Lösungen anbieten, sondern gemeinsam hinschauen: „Was kannst du beim nächsten Mal anders machen?“ So lernt dein Teenager, dass Rückschläge nichts über seinen Wert aussagen.
Prozesse loben, nicht Ergebnisse
Selbstwirksamkeit entsteht, wenn Jugendliche begreifen, dass ihr Einsatz den Unterschied macht, nicht ihr Talent oder Zufall. Statt: „Toll, dass du eine 2 hast!“ lieber: „Ich sehe, wie konsequent du dich vorbereitet hast. Das hat sich ausgezahlt.“ So verknüpfen sie Erfolg mit Anstrengung und Eigeninitiative und nicht mit Glück.
Nachfragen statt vorsagen
Teenager, die ständig gesagt bekommen, was sie tun sollen, lernen eines: Andere wissen besser, was richtig ist. Doch wenn Eltern stattdessen Fragen stellen, entsteht Selbstverantwortung: „Was meinst du, was dir helfen könnte?“ „Wie würdest du das lösen?“ Das ist kein Kontrollverlust, sondern Förderung auf Augenhöhe.
Erfolge sichtbar machen
Im Alltag gehen viele Fortschritte unter. Hilf deinem Teenager, sie zu sehen, indem du kleine Entwicklungsschritte bewusst ansprichst: „Mir ist aufgefallen, dass du dich getraut hast, das Gespräch zu führen. Das war mutig.“ So wird Erfolg nicht an Noten gemessen, sondern an persönlichen Wachstumsmomenten.
Auch Affirmationen können helfen, den inneren Dialog zu verändern. Vom „Ich kann das nicht“ hin zu „Ich wachse an meinen Erfahrungen.“ Wenn Eltern solche kleinen, aber gezielten Veränderungen im Alltag umsetzen, schaffen sie eine Umgebung, in der Selbstwirksamkeit natürlich wachsen kann. Schritt für Schritt entsteht daraus genau das Selbstvertrauen, das Teenager brauchen, um ihren eigenen Weg zu gehen.
Fazit: Jedes Kind kann lernen, an sich zu glauben
Heute weiß ich: Kein Kind wird mit Selbstvertrauen geboren. Aber jedes Kind kann lernen, an sich zu glauben, wenn wir Erwachsenen ihnen Raum geben, ihre eigene Stärke zu entdecken.
All die Übungen, Reflexionen und Selbstbewusstseins-Tools, die ich über die Jahre mit meinen Schülerinnen und Schülern in der Praxis erprobt habe, habe ich in meinem E-Book „Stärke das Selbstbewusstsein deines Teenagers“ zusammengefasst: Für Eltern, die ihre Kinder auf diesem Weg begleiten möchten. Denn am Ende wünsche ich mir, dass Jugendliche nicht mehr sagen: „Ich bin nicht gut genug.“ Sondern mit innerer Überzeugung spüren: „Ich kann das und ich bin auf einem guten Weg.“



