Literatur nach 1945: Zwischen Trümmern und Hoffnung

Köln nach dem Krieg

Der Zweite Weltkrieg veränderte die Literatur und hinterließ seine Spuren. Die Welt lag in Trümmern, die deutsche Bevölkerung wurde mit den schrecklichen Taten des Holocaust konfrontiert. Verlust, Angst und ein kleiner Schimmer Hoffnung prägten die Menschen und Literatur. In diesem Beitrag erfährst du, was nach der Stunde Null in der deutschen Literatur ab 1945 geschah. Wir stellen dir die Autor*innen vor, die von der Nachkriegszeit (ab 1945) bis in die 1980er Jahre die Literatur beeinflussten.

Literatur nach 1945: Der Krieg und seine Folgen

Der Krieg hinterließ Zerstörung, Schmerz und Trauer. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 war nichts mehr so, wie es einmal war. Deutschland war kollabiert. Aus diesem Grund wird die Zeit danach als Stunde Null bezeichnet: Der Neuanfang mit Nichts. Wirtschaft, Politik, Kultur – das komplette Land musste neu aufgebaut werden.

Trümmer, Exil und Nüchternheit

Die Nachkriegsliteratur wird auch als Trümmerliteratur bezeichnet. Autoren wie Wolfgang Borchert verarbeiteten in ihren Texten die grausamen Erlebnisse des Krieges und die erfahrene Not.

Die Nachkriegsregierung hob Zensur und Publikationsverbote auf. Viele Schriftsteller*innen, die ins Exil geflüchtet waren, kehrten zurück. Sie erkannten das Land, das einst ihre Heimat war, nicht wieder. Manche, wie Thomas Mann, blieben in der Ferne und schrieben von dort aus weiter.

In all dem schwang der Wunsch nach Abgrenzung vom Nationalsozialismus mit. Die Schriftsteller*innen definierten es als neues Ideal, sich möglichst nüchtern in ihren Werken auszudrücken. Sie wollten damit ihre Betroffenheit und die entstandene Sinnkrise nach dem Krieg verdeutlichen.

Trümmerfrauen in Koblenz
Trümmerfrauen in Koblenz / Bundesarchiv, Bild 146-1976-137-06A / Unknown / CC-BY-SA 3.0

Formen und Gattungen der Literatur nach 1945

Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden viele Kurzgeschichten. Das Papier war knapp und die Form entsprach dem Ideal der Nüchternheit. Vorbild war die amerikanische short story wie zum Beispiel von Hemingway. Wichtige Kurzgeschichten kamen von Wolfgang Borchert, Heinrich Böll, Elisabeth Langgässer und Ilse Aichinger.

In Deutschland stritten die Lyriker darüber, ob es nach dem Holocaust eine Nachkriegslyrik geben dürfe. Adorno lehnte das zum Beispiel bewusst ab. Es entstand hermetische Lyrik, die mit seltsamen, verdichteten Bildern sprach, und die Konkrete Poesie. Bei der Konkreten Poesie experimentieren die Schriftsteller*innen mit der Sprache.

Das Drama zeigte sich nach dem Krieg zeitkritisch. Die Schweizer Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt führten die Theaterwelt mit Parabeln und Spiel des Absurden.

Die Epik setzte sich unter anderem mit der Schuldfrage auseinander. Hier spielte Heinrich Böll eine hervortretende Rolle. Elias Canettis beklagte die Hilflosigkeit der gebildeten Gesellschaftsschicht während des Nationalsozialismus.

Und Wolfgang Koeppen begutachtete in seinen Werken kritisch die aktuelle Gesellschaft. Im Allgemeinen war die Literatur sehr pessimistisch.

Das Hörspiel wurde nach 1933 wiederentdeckt, nachdem der Rundfunk jahrelang von den Nationalsozialisten für Propaganda missbraucht wurde. Schriftsteller*innen wie Wolfgang Borchert, Wolfgang Weyrauch, Günter Eich, Fred von Hoerschelmann und Ingeborg Bachmann schrieben aktiv für das Medium.

Retro Radio

Gruppe 47

Zwei Jahre nach Kriegsende gründeten Hans Werner Richter und Alfred Andersch die Gruppe 47. Die Vereinigung bestand aus zahlreichen Autor*innen, die sich regelmäßig trafen. Sie diskutierten über die aktuelle kritische Literatur der Bundesrepublik Deutschland. Dabei suchten sie nach neuen Stilen und Inhalten.

Literatur in den 1960er-Jahren: Der Wandel

Politisch und wirtschaftlich passierte in den 1960er-Jahren viel: Wiederaufbau unter Konrad Adenauer, Konsumboom, Rezession, Berliner Mauer, Kuba-Krise, Vietnamkrieg und die 68er-Bewegung. In all diesem Trubel versuchten die Menschen den Zweiten Weltkrieg zu vergessen – anstatt ihn aufzuarbeiten.

Die Rolle der Schriftsteller*innen

Die Vertreter*innen der deutschen Literatur sahen in dieser Zeit ihre Aufgabe darin, das aktuelle Geschehen und die Gesellschaft zu hinterfragen. Aus diesem Grund traten Autor*innen zunehmend als Personen der Öffentlichkeit auf, die sich aktiv einmischten.

Dafür sollte die Literatur jedoch verständlicher werden. Die Schriftsteller*innen waren daher hin- und hergerissen zwischen Ästhetik und Annäherung an die Alltagssprache.

Die literarischen Gattungen in den 1960er-Jahren

Die Lyriker knüpften mit neuem Engagement an die Vergangenheit an. Viele kehrten zur Neuen Sachlichkeit der 1920er-Jahre zurück. Die Autorinnen und Autoren ironisierten traditionelle Formen, entlarvten Wortspiele und näherten sich der Prosa an. Die Gedichte wurden länger – es wird auch von der Entlyrisierung der Lyrik gesprochen. Protestsongs wie von Wolfgang Biermann etablierten sich als wichtiges Sprachrohr.

Die Epik setzt sich wie das Drama kritisch mit der Gesellschaft auseinander. Die Aufarbeitung der Vergangenheit, die Schuldfrage, politische Gegebenheiten und Arbeitsbedingungen standen im Vordergrund. Dazu kamen die Entstehung der Bundesrepublik und der neue Wohlstand. Es wird vom zeitkritischen Roman gesprochen.

Für das Theater schrieben die Schriftstellerinnen und Schriftsteller zum Beispiel Dokumentardramen. In der Epik nahmen unter anderem Günter Grass und Heinrich Böll wichtige Rollen ein.

Gruppe 61

In Verbindung stehend mit den zeitkritischen Themen gründeten die Schriftsteller*innen die Gruppe 61. Günter Wallfraff schrieb hierfür zum Beispiel die „Industriereportagen”. Erika Runge verfasste die „Bottroper Protokolle” und Max von der Grün „Irrlicht und Feuer”.

Literatur in den 1970er und 1980er Jahren

In der folgenden Zeit lösten neue Themen die Nachkriegsliteratur endgültig ab. Nach den öffentlichen Unruhen 1968 und den terroristischen Aktionen der Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) beruhigte sich mit der Ostpolitik von Willy Brandt die Lage.

Die Ölkrise von 1973, das Waldsterben und die nukleare Katastrophe von Tschernobyl machten ein neues Problem bewusst. Die Ökologie wurde fester Bestandteil der Politik. Die Partei Die Grünen gründete sich 1980. Zudem entstand die Frauenbewegung, die sich für eine weiterführende Emanzipation einsetzte.

Die neue Subjektivität

In der Literatur zogen sich die Autor*innen zurück zu inneren und privaten Problemen. Aus diesem Grund wird von der neuen Subjektivität oder Innerlichkeit gesprochen. Beziehungsprobleme, Leistungsdruck, Karriere sowie Beschleunigung stehen ab diesen Jahrzehnten im Vordergrund. Die Autobiographie wird wichtiges Ausdrucksmittel.

Mit der Frauenbewegung entsteht eine neue Verlagsrubrik: die Frauenliteratur. Frauen berichten von Gewalt und setzen sich mit vorherrschenden Rollenbildern auseinander.

Kompakt zusammengefasst: Epochen der deutschen Literatur

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